15. August 2020

Eine Botschafterin des Frankfurter Westens

Die Höchster Fähre bringt seit fast 400 Jahren jeden Tag Fahrgäste über den Main

Oberbürgermeister Feldmann besuchte Sven Junghans auf seiner Mainfähre. Foto: Stadt

Was verbindet die Stadtteile Höchst und Schwanheim miteinander? Eine ruhige Lage im Frankfurter Westen, hübsche Fachwerkhäuser, viel Natur in der Umgebung? Nein, in erster Linie verbindet ein Mann die beiden Stadtteile: Sven Junghans. Er betreibt die Mainfähre, die jeden Tag Fußgänger und Radfahrer vom Höchster zum Schwanheimer Ufer und umgekehrt transportiert.

Aussicht ist inklusive. Die Passagiere genießen während der kurzen Fahrt den Blick auf das Höchster Schloss und die Justinuskirche.
Seit 2015 ist Sven Junghans der Herr der Fähre. Zwischen 45.000 und 50.000 Fahrgäste setzen im Jahr mit ihm über den Main und zahlen dabei 1,30 Euro für Erwachsene und 70 Cent für Kinder zwischen vier und elf Jahren. Die Fähre fährt ganzjährig, bis auf eine vierwöchige Pause im Winter.
„Ein einzigartiger Service in Frankfurt – an keiner anderen Stelle innerhalb der Stadt kann man den Main auf andere Weise als über eine Brücke überqueren. Ein Service mit Tradition: 1623 fand die Fähre zum ersten Mal Erwähnung, im Jahr 2023 feiert sie ihr 400-jähriges Bestehen. Selbst den Krieg überlebte sie. 1945 fuhr Junghans‘ Vorgänger das damals genutzte Boot in die nahegelegene Mündung der Nidda und flutete es, sodass es unter Wasser der Zerstörung entkam. Nach Kriegsende wurde es geborgen und wieder in Betrieb genommen“, erläutert der für die westlichen Stadtteile zuständige Oberbürgermeister Peter Feldmann. Die Höchster Mainfähre hat dem Stadtoberhaupt zufolge schon vieles überdauert und ist mit ihrer Langlebigkeit ein Symbol für die Widerstandskraft und Energie, die der Frankfurter Westen verströmt.
Als 1992 die Leunabrücke gebaut wurde, wurde die damalige Autofähre aus dem Betrieb genommen. Eine Aktion, die bei den Bürgern auf Protest stieß, weshalb die heutige Fähre eingesetzt wurde und immer noch benötigt wird: „Es ist eine Tradition, die unbedingt erhalten bleiben sollte“, erklärt Sven Junghans. „Eine unabhängige Fähre – es gibt ja auch Fähren, die am Seil fahren –, wird immer gebraucht. Sollte zum Beispiel die Leunabrücke gesperrt werden müssen, könnten zwar nicht die Autos transportiert werden, aber Fußgänger hätten dann durch die Fähre immer noch die Möglichkeit, von der einen Mainseite auf die andere zu kommen.“
Möglich ist die Fahrt tagsüber immer: Im Sommer ist die Fähre zwischen 9 und 18 Uhr unterwegs, feste Fahrzeiten hat Sven Junghans jedoch keine. „Ich fahre, wenn ich gebraucht werde“, sagt er. Praktisch für die Passagiere: Ein älterer Herr mit Fahrrad ruft dem Schiffsführer vom Höchster Ufer aus zu, dass er noch auf einen Freund warte. „Kein Problem“, ruft Sven Junghans zurück, „wir fahren los, wenn er da ist.“
Um 18 Uhr hat Sven Junghans allerdings noch nicht Feierabend: Nach dem regulären Fährbetrieb kann das Boot für private Touren gemietet werden. 3,5 Stunden dauert eine Fahrt, über die Griesheimer Schleuse bis zur Europäischen Zentralbank am Osthafen. „Abends fahren wir bis an die östliche Stadtgrenze. Wir verbinden alle Frankfurter von Ost bis West miteinander – die Fähre ist eine Botschafterin des Frankfurter Westens“, meint Sven Junghans. Ein- bis zweimal im Jahr fährt er auch bis an die Mainmündung. Die Touren haben ein klares Ziel: „Alle Fahrten, die wir machen, dienen dazu, den Erhalt der Fähre zu gewährleisten. Sie ist ein Kulturgut, das den Menschen im Frankfurter Westen am Herzen liegt.“
Interessiert am Erhalt der Mainfähre ist auch die Stadt Frankfurt, die den Betrieb finanziell unterstützt. Oberbürgermeister Peter Feldmann stattete Sven Junghans Anfang August selbst einen Besuch ab und fuhr mit ihm natürlich auch über den Main. „Die Mainfähre hat eine lange Tradition und passt trotzdem perfekt in unsere Zeit, denn die Fahrt über den Main hat etwas angenehm Entschleunigendes“, sagt das Stadtoberhaupt.
Weitere Informationen zur Mainfähre in Höchst gibt es hier. Ein Film über Sven Junghans und die Mainfähre ist hier zu sehen. red

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