5. Juli 2022

Wasserstoffzug-Flotte tankt bald in Höchst

Dr. Jörg Sandvoß (v.links), Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG, RMV-Geschäftsführer Dr. André Kavai, Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer der Industriepark-Betreibergesellschaft Infraserv Höchst, und Hessens Verkehrs- und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir informierten sich über Wasserstofftankstelle für Züge im Industriepark Höchst. Foto: Reuß

Die Infrastruktur für das RMV-Brennstoffzellenzug-Projekt ist so gut wie fertig. Im Industriepark Höchst haben sich der hessische Verkehrs- und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, RMV-Geschäftsführer Dr. André Kavai und Dr. Jörg Sandvoß, Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG, im Beisein von Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer der Industriepark-Betreibergesellschaft Infraserv Höchst, über den Baufortschritt informiert.

In den vergangenen Monaten sind im Nordteil des Industrieparks neue Gleisanlagen entstanden und die erste von vier Zapfsäulen zur Betankung der Brennstoffzellenzüge konnte installiert werden. In einem neuerrichteten Gebäude werden sechs Verdichteranlagen startbereit sein, mit denen der Wasserstoff für die Wasserstoffspeicherung auf 500 bar verdichtet wird. Infraserv Höchst errichtet zusätzlich einen Elektrolyseur zur Wasserstoffproduktion.
„Wir sind in Hessen Vorreiter der Verkehrswende: In rund sechs Monaten wird die weltweit größte Brennstoffzellenzugflotte im Taunusnetz ihren Betrieb aufnehmen. Ich freue mich sehr, dass die dafür notwendige Wasserstofftankstelle auf dem Industriepark Höchst schon betriebsbereit ist. Dann kann es Ende 2022 richtig losgehen“, sagte Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister. „Um 2045 Klimaneutralität zu erreichen, brauchen wir emissionsfreien Bahnverkehr. Derzeit ist etwa ein Drittel der Bahnstrecken noch nicht elektrifiziert. Das soll sich ändern. Aber es gibt Strecken, auf denen eine Elektrifizierung nicht schnell oder aus technischen Gründen gar nicht möglich ist. Das Potenzial für innovative Antriebe ist also groß.“
„Wir wollen bis 2030 weg vom Diesel und nur noch elektrisch angetriebene Züge fahren lassen“, meint RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat. „Dazu gehören klassische, per stromführender Oberleitung betriebene Fahrzeuge, Wasserstoffzüge, aber mitunter auch batteriebetriebe Einheiten. Mit dem Einsatz der weltgrößten Wasserstoffzug-Flotte mit 27 Fahrzeugen werden wir die Kenntnis über alternative Antriebe weit über den RMV hinaus gewinnen.“
Dr. Joachim Kreysing ist stolz darauf, dass Infraserv Höchst und dem Industriepark Höchst bei der Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie eine wichtige Rolle zukommt: „Innovation hat bei uns am Standort Tradition. Wir engagieren uns seit mehr als 15 Jahren im Rahmen von Projekten, mit denen die Nutzung von Wasserstoff für nachhaltige, emissionsarme Mobilitäts- und Energieversorgungslösungen vorangetrieben wird. Infraserv Höchst verfügt daher über viel Erfahrung und kann im Industriepark Höchst, in dem Wasserstoff bei Produktionsprozessen als Nebenprodukt anfällt, optimale Rahmenbedingungen bieten.“
„Die Deutsche Bahn will bis 2040 klimaneutral sein. Wasserstoff ist eine Schlüsseltechnologie, wenn es darum geht, den Regionalverkehr emissionsfrei zu machen. Wir freuen uns daher, bei diesem zukunftsweisenden Projekt als Partner mit an Bord zu sein. Schon ab Dezember dürfen wir die größte Wasserstoffflotte der Welt betreiben und warten“, erklärt Dr. Jörg Sandvoß, Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG. „Wir übernehmen mit unserer Tochtergesellschaft ‚start‘ den Betrieb der vier Wasserstofflinien und warten die Fahrzeuge in unserem DB Regio-Werk in Griesheim.“
Der „Coradia iLint“ der Firma ALSTOM ist weltweit der erste Personenzug, der mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben wird, die elektrische Energie für den Antrieb erzeugt. In der Traktionsbatterie werden der vorübergehend überschüssig erzeugte Strom sowie die bei Bremsvorgängen zurückgewonnene Energie zwischengespeichert. Die umfangreich und komfortabel ausgestatteten Triebfahrzeuge sind so leise wie Elektro-Triebfahrzeuge und lokal emissionsfrei, weil sie lediglich Wasserdampf und Wärme an die Umwelt abgeben.
Über den Sommer finden erste Strecken- und Betankungstests im Rhein-Main-Gebiet statt. Nach den Sommerferien starten die Schulungen des Personals mit den Wasserstoffzügen.
Ab Dezember starten die Fahrzeuge auf dem Taunusnetz. Dann fahren erstmals Wasserstoffzüge im RMV-Gebiet. Das Taunusnetz umfasst vier bislang teilweise nicht elektrifizierte Strecken: RB12 (Frankfurt – Königstein), RB15 (Frankfurt – Brandoberndorf), RB16 (Bad Homburg – Friedberg) sowie RB11 (Frankfurt – Höchst – Bad Soden).
Die Linien werden von der DB-Tochter Regionalverkehre Start Deutschland GmbH (start) betrieben. Das Unternehmen setzte sich in einer europaweiten Ausschreibung durch und löst im Dezember die bisherige Betreiberin, die Hessische Landesbahn GmbH, ab.
Beschafft wurden die Fahrzeuge über das Fahrzeugmanagement Region Frankfurt Rhein Main GmbH (fahma), einer 100-prozentigen Tochter des RMV. Das Projektvolumen liegt bei etwa 500 Millionen Euro.
Das Land Hessen fördert den Bau der grundlegenden Schieneninfrastruktur für die Wasserstofftankstelle mit rund 2,5 Millionen Euro, das sind knapp 60 Prozent der Kosten. Hinzu kamen 800.000 Euro für vorbereitende Gutachten und eine mobile Zugbetankungseinrichtung. Für die Betankungseinrichtung im Industriepark als solche stellt der Bund Fördermittel bereit. red

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